Ralph Gries im Interview: Über die Währung »Mondial«

Mondial

Ralph Gries ist Volkswirt und hat viele Jahre in der Wirtschaft gearbeitet, unter anderem als Unternehmensberater und Unternehmer. Nach der Finanzkrise 2007/2008 beschäftigt er sich wieder intensiver mit der Volkswirtschaftslehre, arbeitet wissenschaftlich, hält Vorträge und entwickelt Konzepte. Unter anderem für die »Eine-Welt-Währung Mondial«. In diesem Währungskonzept bringt Ralph Gries seine ganze Expertise ein.

Lesen Sie mein Interview mit Ralph Gries über unser bestehendes Geld- und Wirtschaftssystem und sein alternatives Währungskonzept. Werden Sie künftig mit »Mondial« bezahlen?

Die Eine-Welt-Währung Mondial
Screenshot der Website des »Mondial«

Interview mit Ralph Gries

Sarah Braun: Was hat Sie motiviert, Volkswirtschaftslehre zu studieren? Haben Sie im Bereich der VWL gearbeitet? 

Ralph Gries: Ich wollte das System verstehen, das unser Leben bestimmt, und auch die Alternativen und Möglichkeiten kennenlernen.

Gearbeitet habe ich dann allerdings in der freien Wirtschaft in verschiedenen Positionen und als Unternehmensberater und Unternehmer. Ich habe einfach das Unternehmer-Gen und bin für eine wissenschaftliche Tätigkeit in irgendeinem Elfenbeinturm nicht geschaffen …

Erst die Finanzkrise 2007/2008 hat mich dann wieder dazu bewogen, in die Volkswirtschaft einzusteigen. Wieder wollte ich verstehen, was da vor sich geht, wie das Finanzsystem sich verändert hat und wohin die Entwicklungen führen. Die da gewonnenen, leider dramatischen Erkenntnisse haben mich dann doch dazu gebracht, tiefer in die Materie einzusteigen. Seitdem arbeite ich auch volkswirtschaftlich, bzw. wissenschaftlich, halte Vorträge und entwickle Konzepte – die Eine-Welt-Währung »Mondial« ist sozusagen die Zusammenfassung und das Ergebnis dieser Arbeit.

Sarah Braun: Sie äußern sich kritisch gegenüber unserem Geld- und Finanzsystem. Was sind die Hauptkritikpunkte?

Ralph Gries: Unser Geld- und Finanzsystem führt zu einer ständigen Umverteilung von unten nach oben. Es macht die, die Zugang zu ihm haben, also jetzt schon Geld, Macht und Einfluss besitzen, immer reicher und mächtiger, und das auf Kosten der Allgemeinheit. Und es bestimmt durch die Art, wie das Geld in den Wirtschaftskreislauf eingespeist wird, die ganze Art unseres Wirtschaftens und Lebens und ist damit auch verantwortlich für die Probleme von Mensch und Umwelt.

SB: Waren Sie schon immer so kritisch gegenüber diesem System? Oder gab es einen Auslöser?

Ralph Gries: Schon im Studium habe ich mich sehr daran gestoßen, dass das Giralgeldsystem privaten Banken und der dranhängenden und verbundenen Industrie (Stichwort „Deutschland-AG“) eine unerschöpfliche Einkommensquelle verschafft und über die Konstruktion eines Schuldgeldes auch noch die Macht über alle kleineren Unternehmen gibt, die auf die Kredite zur Unternehmensfinanzierung angewiesen sind.
Durch die »Liberalisierung« der Finanzmärkte 2007 hat aber der Prozess der Umverteilung des Volksvermögens einen starken Schub bekommen, ja, er ist geradezu entfesselt worden. Diese Entwicklung, die ich geradezu als eine »kalte Revolution« bezeichnen möchte, hat mich dann dazu gebracht, dem nicht mehr passiv zuzusehen und über Alternativen nachzudenken.

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SB: Sie haben eine Ein-Welt-Währung, den Mondial konzipiert. Inwiefern kann der Mondial die Welt verbessern?

Ralph Gries: Der Mondial ist eine demokratische Währung, zu der jeder Mensch Zugang hat, egal, auf welchem Flecken der Erde und als wessen Kind er auf die Welt gekommen ist. Er ermöglicht den Aufbau von Wirtschaftsgemeinschaften und die Teilnahme am Wirtschaftsleben auch für Menschen, die ansonsten kein Geld haben. Wenn das Geld über die Menschen in Umlauf kommt und nicht über die Unternehmen, die ihnen irgendwas anbieten, werden Macht- und Ausbeutungsstrukturen aufgelöst, bzw. sie laufen ins Leere.

SB: Wie sind Sie auf die Idee gekommen bzw. wie haben Sie diese entwickelt?

Ralph Gries: Wenn man erkennt, welche Fehler einem System wie dem Geld- und Finanzsystem innewohnen und was das anrichtet, kommt man ja quasi automatisch zu der Frage, wie das besser organisiert sein könnte, oder nicht? In unzähligen Diskussionen und in der Betrachtung der bekannten Ideen und Vorschläge hat sich dann das ideale System herauskristallisiert – der Mondial!

SB: Sie bezeichenn den Mondial als einen »weltweiten Arbeitszeit-Tauschring mit Währungscharakter«.  Können Sie das Konzept des Mondial etwas genauer erklären?

Ralph Gries: Die erste Grundüberlegung ist: Was hat, bzw. besitzt jeder Mensch auf der Welt, unabhängig von Herkunft und Lebenssituation? Seine Lebenszeit, seine Arbeitskraft! Und das soll auch die Basis sein für die neue, gerechte Währung!

Übrigens ist die Arbeitsleistung genaugenommen in letzter Konsequenz die Basis für jede Währung! Jede staatliche Währung hat nur Wert, weil die Bewohner des Staates mit ihrer Arbeitsleistung die Wirtschaftskraft des Staates herstellen. Auch Gold hätte keinen Wert, würde es niemanden geben, der es mit seiner Arbeitsleistung aus der Erde geholt hat, und würde es niemanden geben, der mit seiner Arbeitsleistung irgendwas geschaffen oder erworben hat, was er gegen das Gold eintauschen könnte.

Beim Mondial ist nun die Grundidee, dass eine Stunde Lebens- bzw. Arbeitszeit direkt als Verrechnungsgröße dient. Zum Ringtausch eben von Arbeitszeit, aber auch von Waren und komplexen Dienstleistungen. Ringtausch bedeutet, dass eben nicht nur zwei Menschen direkt ihre Leistungen austauschen können, wie z.B. 1 Stunde Rasenmähen direkt gegen 1 Nachhilfestunde, sondern dass die Stunde Rasenmähen »gespeichert« werden kann (als 1 Mondial) und dann bei einem anderen Menschen, vielleicht in einem anderen Land zu einer viel späteren Zeit, gegen eine andere Leistung oder Ware eingetauscht werden kann.

»Währungscharakter« bedeutet, dass nicht nur innerhalb des Systems sozusagen »sklavisch« Stunde gegen Stunde getauscht werden kann, sondern der Mondial auch gegen andere Währungen, wie dem Euro oder dem Dollar, frei gehandelt werden kann und auch innerhalb des Systems der Gegenwert eines Mondial frei in gegenseitiger Verhandlung bestimmt werden kann.

Die Grundeinheit »1 Arbeitsstunde = 1 Mondial« soll aber immer als Grundorientierung für die Wertbestimmung dienen, bzw. als »Rückfall«-Wert, sollte es keinen oder einen zu geringen »Außen«-Wert gegen eine andere Währung geben.

SB: Das klingt idealistisch. Das Bezahlkonzept basierend auf Arbeitszeit tönt fast sozialistisch. Wie reagieren Sie auf solche Kritik? Und warum glauben Sie, dass es in unserer Welt funktionieren kann?

Ralph Gries: Klar ist das idealistisch, das betrachte ich aber nicht als Kritik! Und klar ist der Grundgedanke des Mondial ein äußerst sozialer. Das System ist aber freiheitlich und marktwirtschaftlich. Niemand wird gegängelt oder unterdrückt, was ja wohl mit dem Begriff »sozialistisch« assoziiert wird. Und ich glaube nicht nur, dass es in unserer Welt funktionieren kann und wird, sondern dass unsere Welt in Zukunft für die große Mehrheit der Menschen ohne ein solches System überhaupt nicht mehr funktionieren wird!

SB: Warum sollte man ein Mondial-Konto eröffnen?

Ralph Gries: 1. Zur Organisation von eigener Arbeitskraft und Gruppenarbeit, dem eigentlichen Kern des Mondial: Das kann schon innerhalb einer Familie oder einer WG stattfinden oder zur Organisation von Nachbarschaftshilfe.

2. Politische und soziale Unterstützung: Man findet die Idee und das Konzept des Mondial gut und unterstützenswert und möchte dem System gerne zum Durchbruch verhelfen

3. Wertaufbewahrung und Spekulation: Der Mondial funktioniert schließlich wie andere Alternativ- oder Kryptowährungen: Den Bitcoin verpasst? Hier ist eine neue Chance!

Das ist überhaupt eine der wichtigsten und schönsten Eigenschaften des Mondial: Es ist möglich und systemimmanent, dass man Eigennutz und Profitstreben mit einer guten Tat für die Allgemeinheit verbindet, indem man einfach mithilft, den Mondial zum Laufen zu bringen!

SB: Wie kann man das tun?

Ralph Gries: Einfach mondial.world aufrufen, den »Mitglied werden«-Button anklicken und das Formular ausfüllen. Zur Beruhigung: Man geht keinerlei Verpflichtungen ein und die ohnehin spärlichen Daten werden keinesfalls weitergegeben oder für andere Zwecke als zur Funktionsfähigkeit des Mondial verwendet.

SB: Was kann man sonst noch tun, um dem Mondial zum Erfolg zu verhelfen?

Ralph Gries: Man kann möglichst viele Menschen als Mitglieder werben, den Mondial mit Leben erfüllen, indem man Waren und Dienstleistungen in Mondial anbietet und/oder nachfragt, und man kann aktiv am Ausbau des Mondial mithelfen, etwa indem man Mondial-Webseiten gestaltet (Facebook, Instagram, …).

SB: Glauben Sie, dass die aktuellen Leitwährungen wie der Euro, Dollar, Yen etc. zukunftsfähig sind? Wird es sie in einigen Jahrzehnten noch geben?

Ralph Gries: Selbstverständlich wird es immer Leitwährungen geben, da ja Staaten die Möglichkeit haben, die Benutzung der eigenen Währungen vorzuschreiben, etwa zur Zahlung der Steuern oder auch im allgemeinen Zahlungsverkehr auf dem eigenen Hoheitsgebiet.

SB: Kann und soll der Mondial parallel dazu existieren? Oder soll er die anderen Währungen ersetzen?

Ralph Gries: Es ist genau die Grundidee, dass mit dem Mondial eine Art paralleles Währungs- und Wirtschaftssystem entsteht! Das bestehende Geld- und Finanzsystem ist in seinen Machtverhältnissen so zementiert und abgesichert, dass es schlichtweg unmöglich ist, es zu überwinden. Also links liegenlassen und ein eigenes System aufbauen, das basisdemokratisch und sozial funktioniert! Durch die Offenheit gegenüber den etablierten Währungen kann auch Wirtschaftskraft von dort in das Mondial-System, bzw. die Mondial-Gemeinschaft fließen!

SB: Wie stellen Sie sich die Welt mit dem Mondial in zehn Jahren vor, wenn es gelänge, viele Menschen für die Währung zu begeistern?

Ralph Gries: Die Vision(en):

  • Das System wird zu einem weltweiten sozialen Netzwerk, mit der Währung »Mondial« als Mittelpunkt und Bindungsmechanismus.
  • Mit dem Mondial Mitglieder-Rat entsteht eine weltweite demokratische Struktur, die in ein direkt gewähltes Weltparlament mündet.
  • Schaffung eines weltweiten egalitären bedingungslosen Grundeinkommens aus Geldschöpfungsgewinnen.
  • Schaffung eines weltweiten Mondial-Sozialversicherungssystems.

Klar sind das hehre Ziele und diese sind wahrscheinlich auch kaum in 10 Jahren zu erreichen, aber in diese Richtung sollte es gehen …

Sehr zufrieden wäre ich, wenn in 10 Jahren international eine 7-stellige Anzahl von Menschen Mitglied wären und der Mondial einen 3-4 stelligen Außenwert in Euro hätte …

Sarah Braun: Herr Gries, vielen Dank für die ausführlichen Antworten!

Hinweis: Das Interview mit Ralph Gries habe ich per E-Mail geführt.

Mehr über den Mondial

Auf mondial.world kann man sich weiter über den Mondial informieren und das Formular ausfüllen um mitzumachen.

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