Wie entsteht Geld? Klare Antwort: Durch die Banken. Es gibt die Zentralbank – in Europa die Europäische Zentralbank – und die Geschäftsbanken. Je nach System haben die Geschäftsbanken unterschiedliche Befugnisse. In diesem Artikel werden die beiden zugrundeliegenden Systeme der Geldschöpfung erläutert: das Vollgeldsystem und das Schuldgeldsystem.
Artikelübersicht
Man könnte annehmen, dass eine so grundlegende Sache wie das Gelddrucken im Kompetenzbereich der Zentralbank liegt. So ist es jedoch nicht. Die Zentralbank druckt das Geld nur im buchstäblichen Sinne: Sie druckt das Bargeld. Das Bargeld macht jedoch nur gut 10% des Geldes aus, das sich im Umlauf befindet. Knapp 90% ist Giralgeld, also das Geld, das sich auf unseren Konten befindet. Konten bei den Geschäftsbanken.
Vollgeldsystem versus Schuldgeldsystem
Dieses Geld entsteht auch durch die Geschäftsbanken. Wenn die Bank einem Kunden einen Kredit gewährt, schafft sie das Geld für diesen Kredit. Praktisch aus dem Nichts, da es dieses Geld davor noch nicht gab. Die Bank muss dafür lediglich eine Sicherheit von 1% des vergebenen Kredits bei der Zentralbank deponieren. 1% – das ist so gut wie gar nichts. Aus diesem Grund wird dieses System der Geldschöpfung Schuldgeldsystem genannt.
Aber haben wir nicht alle als Kind gelernt: Die Bank verleiht das Geld von Leuten, die Geld haben (Sparer), an Leute, die Geld brauchen (Kreditnehmer). Dafür müssen die Kreditnehmer das Geld nach einem vereinbarten Plan zurückzahlen. Mit Zinsen. Diese Zinsen bekommt dann der Sparer dafür, dass er sein Geld zur Verfügung stellt. Die Banken bekommen als Vermittler selbstverständlich eine Provision, durch die sie sich finanzieren. In diesem System handeln die Banken mit Geld, sie schaffen keines. Nur die Zentralbank hat das Monopol, Geld zu drucken und die Geldmenge über den Zinssatz zu steuern, zu welchem sie das Geld an die Geschäftsbanken verleiht (Das Grundprinzip: Je niedriger die Zinsen für die Geschäftsbanken, desto niedriger die Zinsen für Kreditnehmer, desto mehr Kredite werden vergeben). Dieses System nennt man das Vollgeldsystem.
Doch Ihre und meine Kindheitsillusionen sind zerstört.
Schuldgeldsystem
Unser System ist das Schuldgeldsystem. Banken schöpfen Geld, indem sie Kredite vergeben. Einfach so. Praktisch auf Knopfdruck. Da Banken an Krediten verdienen wollen, haben sie einen Anreiz, viele Kredite zu vergeben. Die Banken vergeben zudem lieber hohe Kredite für große Projekte, von denen sie sich hohe Renditen versprechen. Kredite für kleinere Unternehmen sind weniger interessant.
Auch hier sieht man den Anreiz zum Schuldenmachen in unserem System. Und wie schlecht die Geldmenge kontrollierbar ist, die sich im Umlauf befindet. Siehe letzte Finanzkrise 2007 / 2008. Die Banken vergaben massig Kredite und haben so den Markt mit Geld geflutet. Viel von diesem Geld wurde für Spekulationszwecke genutzt. Es ist bekannt, wie die Geschichte weiterging: Die Blase platzte, Banken blieben auf wertlosen Finanzprodukten sitzen, weil sie sich verspekuliert hatten. Die Banken wurden mit Steuergeldern gerettet – und machten danach genau wie vorher weiter.
Vollgeldsystem
Bei einem Vollgeldsystem wären die Banken gezwungen, sich auf das klassische Kreditgeschäft zu fokussieren: Geld vergeben, das andere leihen. Ganz langweilig. Doch es wäre eine Möglichkeit, den Finanzsektor in seine Schranken zu weisen. Ein Weg, dass das Finanzsystem dem Allgemeinwohl dient. Denn dieses ist die Grundlage einer funktionierenden Wirtschaft.
In der Schweiz gab es 2018 eine Volksabstimmung genau zu diesem Thema: Im Zuge der sogenannten Vollgeldinitiative wollten die Befürworter erreichen, dass nur noch die Schweizer Nationalbank Geld schaffen darf. Das Vollgeldsystem wurde abgelehnt.
Dennoch gibt es immer wieder Initiativen für Vollgeld, wie die Monetative. Ich persönlich sehe im Vollgeldsystem eine Lösung und das Geldsystem der Zukunft.
Weitere Informationen zum Thema
- Sehr gut erklärt ist das Thema in einem Artikel von planet-wissen.de (auch eine Quelle für diesen Blogartikel).
- Zudem kann ich das Buch »Geld und Geldschöpfung« von Andreas Ammer empfehlen. Vor drei Jahren wurde ich darauf durch einen Zeitungsartikel im Schwarzwälder Boten aufmerksam und kaufte mir sein Buch, das mir die Augen öffnete.
- Neulich hörte ich die Folge »Bitcoin – die Revolution des Geldes?« des Podcasts Heldenstunde. Hier geht’s zum Podcast. Wie der Titel erwarten lässt, geht es auch um Bitcoins. Davor wird jedoch unser Geldsystem erklärt und Geld aus einer sehr grundlegenden Perspektive betrachtet.
- Und wer sich die Geldschöpfung nochmals per Video erklären lassen will, dem empfehle ich folgendes Video von Marc Friedrich (ab Minute 3:20):
Nachdem Sie sich gerade auf dem Blog von D.Stelter geäußert haben, habe ich gleich mal nachgesehen, was auf Ihrem Blog schon so alles besprochen wurde. Als gedienter Geldtheoretiker bin ich natürlich sofort auf diesen Post aufmerksam geworden.
Ich darf Sie beruhigen: Sie brauchen Ihre Kindheitserfahrungen (?) mit der Geldschöpfung NICHT über Bord zu werfen, denn das sind keine Illusionen sondern nüchterne Fakten. Zwar „druckt“ eine Zentralbank keine Geldscheine („Banknoten“ ist eher ein historischer Begriff, der heutzutage nicht mehr zutreffend ist), aber sie hat das Recht Geldscheine als zum Umlauf zugelassen zu erklären. Weil dieses Recht unbeschränkt ist, sind die Schulden einer Zentralbank („Reserven“) zwar noch kein Zahlungsmittel, können aber für bestimmte Fragestellungen als SO GUT WIE Geldscheine angesehen werden. Was man sich in diesem Zusammenhang mal klarmachen sollte: (Dauer-)Schuldverhältnisse können niemals als Zahlungsmittel eingesetzt werden, auch wenn die Banken sehr daran interessiert sind diesen Irrtum aufrechtzuerhalten.
Was die Banken betrifft: wenn Banken Kredite vergeben, erzeugen sie Schuldverhältnisse, die mit Zentralbankgeld zu erfüllen sind. Das was üblicherweise „Giralgeld“ genannt wird, ist in Wahrheit ein Schuldverhältnis (eigentlich ein Rechtsverhältnis der Sorte Options- bzw. Dispositionsrecht), welches weder verbrieft noch verbriefbar ist. Das heißt praktisch, daß das „Geld auf dem Konto“ kein Geld sein kann, denn Sie haben ja mit Ihrer „Forderung“ das Geld gerade nicht und für die Bank ist das, was Sie als Geld ansehen eine (schwebende) Verbindlichkeit. Von Geld im Sinne von Zahlungsmittel ist da weit und breit keine Spur.
Warum das so ist, läßt sich nicht in ein paar Zeilen darstellen, daher hier ein link zu einer kleinen Abhandlung von mir, die von Herrn Stelter freundlicherweise auf seinem Blog publiziert wurde:
https://think-beyondtheobvious.com/was-ist-giralgeld/
Auch in den Kommentaren dazu findet sich einiges Interessante.
Also nicht alles gleich als „Illusion“ entsorgen, wenn es sich dabei um nüchterne Fakten handelt…
P.S. Eine Schuld benötigt ein Erfüllungsmittel, welches nicht die Schuld ist. Das Erfüllungsmittel für Geldschulden ist – Geld. Das heißt, daß Geld keine Schuld sein kann, so daß der Begriff „Schuldgeld“ ein Schuldverhältnis (BGB Buch 2) und eine übertragbare Sache (BGB Buch 3) in einen Begriff bringt, obwohl die Bestandteile zu logisch getrennten Bereichen gehören. Nicht gut…
Hallo Herr Menéndez,
vielen Dank für Ihre Antwort! Ich habe mir gerade Ihren Artikel »Was ist Giralgeld?« durchgelesen. Ich hatte schon öfter den Satz gehört, dass nur Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel sei, und alles andere auf dem Konto nicht – Sie haben eine ausführliche Erklärung geliefert. Sehr interessant!
Viele Grüsse,
Sarah Braun
Hallo Herr Menendez,
nach knapp 2 Jahren habe ich noch eine Anmerkung zu Ihrem Beitrag.
Sie schreiben „….Geldscheine („Banknoten“ ist eher ein historischer Begriff, der heutzutage nicht mehr zutreffend ist).“ Diese Behauptung erstaunt mich denn doch etwas.
Nach meiner Meinung sind Geldscheine nicht unbedingt Banknoten. Aber alle Banknoten sind Geldscheine. Damit ist allein wegen der unterschiedlichen Begifflichkeit bzw. Kategorie, die Verwendung beider Begriffe zeitgemäß um präzise zu formulieren. Man sollte die Unterschiede kennen.
Ähnlich ist es mit dem Begriff Papiergeld, denn weder alle Geldscheine noch alle Banknoten fallen darunter.
Des Weiteren erschließt sich mir die im verlinkten Artikel erwähnte 3faltigkeit nicht so recht.
Tausch-, Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel. Wo ist der Unterschied zw. Tausch und Zahlung ?
Statt Z wäre Bewertungsmaßstab aller Güter die 2. Eigenschaft.
Und die zu Unrecht verliehene Eigenschaft des Geldes, ist leider dessen höhere Wertbeständigkeit als die, der einzutauschenden und zum Verfall neigenden Güter. Durch Zins und Zinseszins steigt dagegen der Wert des Geldes, zumindest in normalen Zeiten.
An dieser Stelle wäre mal eine Gleichstellungsbeauftragte nötig.
Wer sich ernsthaft mit der dargestellten Problematik befassen möchte, sollte sich als Einstieg vielleicht mit den Theorien von Silvio Gesell, die ich nicht ausnahmslos teile, befassen um die Problematik zu begreifen. Weitere Lieratur findet sich.
Ich wünsche vielSpaß dabei…..