»Bei einer Staatsquote von 50% beginnt der Sozialismus.« Das hat Helmut Kohl einmal gesagt. Im Jahr 2020 knackte die Staatsquote der Bundesrepublik Deutschland zum ersten Mal diese Marke.
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In diesem Artikel sehen wir uns an, wie die Staatsquote definiert ist, was sie aussagt und wie sie sich in Deutschland in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat.
Und natürlich fragen wir uns zum Schluss: Leben wir nun im Sozialismus? Sollte man sich über den immer größer werdenden Einfluss des Staats Sorgen machen?
Was ist die Staatsquote?
Die Staatsquote ist eine volkswirtschaftliche Kennzahl, welche die gesamten staatlichen Ausgaben ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt setzt:
Staatsausgaben / BIP
Die Staatsquote wird in Prozent und pro Jahr angegeben.
Das Bruttoinlandsprodukt ist die Summe aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Wirtschaftsgebiet in einem bestimmten Zeitraum (normalerweise ein Jahr) hergestellt wurden, also das, was die Bürger erwirtschaften. Das BIP ist somit ein Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft.
Die Staatsausgaben beinhalten Investitionen, Beamtengehälter und Verwaltungskosten, Zinszahlungen (durch die aktuell negativen Zinsen sollte man eher von Zinseinnahmen sprechen) sowie Sozialleistungen und Subventionen.
Die Staatsquote gibt also Aufschluss über das Verhältnis zwischen dem Geld, das der Staat zur Erledigung seiner Aufgaben ausgibt, und dem, was die Bürger erwirtschaften.
Mit anderen Worten misst die Staatsquote den staatlichen Anteil an den wirtschaftlichen Aktivitäten einer Nation. Je höher die Staatsquote, desto stärker ist der Staat und desto weniger ist die Privatwirtschaft involviert.
Die Staatsquote wird auch als »unechte Quote« bezeichnet, da auch Staatsausgaben (wie Sozialleistungen oder Subventionen) im Zähler der Quote miteinbezogen werden. Diese sind jedoch nicht im BIP zu finden, tauchen also nicht im Nenner der Quote auf. Das relativiert die Aussagekraft der Quote.
Die Entwicklung der Staatsquote in Deutschland
Bei gleicher Messung der Quote eines Landes über verschiedene Jahre hinweg spielt der eben genannte Kritikpunkt allerdings keine Rolle. Weshalb wir uns nun die Entwicklung der deutschen Staatsquote im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte ansehen:
Die Höhe der Staatsquote
Auf der folgenden Grafik kann man erkennen, dass die Staatsquote in den Nachkriegsjahren noch sehr tief war. Sie stieg in den 70er Jahren von unter 40% an. In den darauf folgenden Jahrzehnten bewegte sie sich zwischen 45% und knapp 50%.
Nun noch eine detaillierte Grafik für die letzten drei Jahrzehnte. Man kann erkennen, dass die Staatsquote nach der Wiedervereinigung und im Zuge der Finanzkrise jeweils anstieg.
Am markantesten ist jedoch der Anstieg der Staatsquote in den Jahren 2020 und 2021, in denen sie die 50%-Marke knackte.
Internationaler Vergleich
Im europäischen Vergleich liegt die deutsche Staatsquote im Mittelfeld (siehe Daten von Statista für das Jahr 2020). Länder wie die Vereinigten Staaten oder die Schweiz sind bekannt für einen schlankeren Staat als in Zentraleuropa üblich. Daher ist die Staatsquote dort seit jeher tiefer. In Entwicklungsländern ist die Staatsquote in der Regel tiefer als in Industrieländern.
Allerdings ist bei direkten Vergleichen von volkswirtschaftlichen Zahlen stets Vorsicht geboten! Auch in diesem Fall: Der internationale Vergleich der Staatsquoten ist nur bedingt sinnvoll, wie ein bpb-Artikel erläutert.
Die Aufschlüsselung der deutschen Staatsquote
Es war mir nicht möglich, eine detaillierte und zugleich aktuelle Aufschlüsselung der Staatsausgaben zu finden.
Eine Statistik der Börsenzeitung unterteilt die Staatsausgaben für das Jahr 2017 in die Kategorien Soziales, Investitionen und Bildung. Auf den ersten Blick erkennbar: Investitionen betragen weniger als 10% der Staatsausgaben. Soziales macht mehr als 50% aus.
In einem Kommentar in der ZEIT aus dem Jahr 2020 nennt Otto Fricke ähnliche Zahlen: Jeder zweite Euro fließe in Sozialausgaben, und die Investitionsquote läge seit Jahren bei nur zehn bis elf Prozent.
Auch im Magazin Brandeins kann man einen lesenswerten Artikel mit der Überschrift »Was ist eigentlich die Staatsquote?« finden. Auch wenn der Artikel sich auf Zahlen aus dem Jahr 2020 bezieht und somit nicht ganz aktuell ist – die Thematik bzw. Problematik ist es.
Wie geht es weiter?
Erinnern wir uns an das Zitat von Helmut Kohl: »Bei einer Staatsquote von 50% beginnt der Sozialismus.«
Demnach hätten wir im Jahr 2020 die Schwelle zum Sozialismus überschritten. Mehr als die Hälfte aller Ausgaben in der deutschen Volkswirtschaft wurden seither vom Staat getätig.
Sozialismus hin oder her – ein sozialistischer Staats sieht bestimmt anders aus als derzeit der deutsche. Die Entwicklung der steigenden Staatsquote finde ich dennoch besorgniserregend. Es ist unbestritten, dass der Staat immer mehr Einfluss auf das Leben der Bürger nimmt. Durch mehr Regularien, Vorgaben und Auflagen verdrängt er private Initiativen und Unternehmungen. Das und den dadurch entstehenden Frust spüre ich am eigenen Leib bzw. mit dem eigenen kleinen Unternehmen. Der Staat und seine Behörden sind nicht für ihre Effizienz bekannt.
Besonders ungut ist der Blick auf die Zusammensetzung der Staatsquote: Kaum Investitionen in die Zukunft (nur ca. 10% der Gesamtausgaben!). Dafür machen die Sozialausgaben über 50% der Staatsausgaben aus. Ein Punkt, der mich immer wieder stört: Für Politiker ist es anscheinend einfacher, teure Wahlgeschenke zu machen, als solide zu wirtschaften. Darin sehe ich einen systemischen Fehler.
An der Entwicklung der steigenden Staatsquote wird sich so schnell nichts ändern. In den vergangenen Jahren diente eine Krise nach der anderen als Rechtfertigung für staatliches Eingreifen. Zuletzt die Corona-Krise, nun die Ukraine-Krise. Und der Klimawandel sowieso.
Wir leben in einer Zeit, in der Politiker offenbar Entscheidungen ohne Absicherung nicht mehr treffen wollen. So berichtet die Tagesschau am 26. April 2022: »Ampel will 758 zusätzliche Beamtenstellen«. Also lieber noch mehr Verwaltungsapparat und Bürokratie unter der Ampel-Koalitition. Vor allem von der SPD und den Grünen geführte Ministerien fordern mehr Stellen.
Ich sehe Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Gefahr. Durch einen Staat, der immer mehr eingreift. Die steigende Staatsquote spiegelt dies wider.
Unsere Entwicklung ist eine reine Katastrophe. Kein Unternehmen findet dringend benötigte Mitarbeiter. Die Menschen sind entweder krank oder haben sich ein sicheres und nicht anstrengendes Plätzchen in der Staatsverwaltung gesucht!
Kommunismus laut WEF rollt an!
Ein guter Gedanke, in der Tat: Nicht nur die Überalterung der Gesellschaft, die immer genannt wird, ist schuld am Fachkräftemangel, sondern auch der personell üppige Staatsapparat (ja, und auch, dass viele Menschen krank sind, da gebe ich Ihnen auch recht).
Hallo Sarah, hast du vielleicht irgendwo eine Quelle zu der Staatsquote der ehemaligen DDR oder anderer „sozialistischer“ Länder in dieser Zeit? Ich konnte hierzu leider nichts finden.
VG
Henry
Hallo Henry,
leider bin ich bei meinen Recherchen auch nicht auf solche Zahlen gestoßen.
Gruss,
Sarah