Was bedeutet die Zinserhöhung der EZB?

DAs Ende der Negativzinsen?

Die US-amerikanische Zentralbank FED hob im Mai 2022 den Leitzins an. Eine Zinserhöhung der europäischen Zentralbank EZB folgte im Juli 2022. Positive Zinsen – kann man von einer Zeitenwende der Zentralbankpolitik sprechen? Werden die Zinserhöhungen von Dauer sein? Oder werden durch Rezensions- und Krisenängste die Entscheidungen bald wieder rückgängig gemacht?

Die Zinserhöhung der EZB und Fed. Von 0% ins Positive.
Ein dauerhaftes Ende von 0,0% Zinsen?

Zinserhöhung der EZB und FED

Im Mai 2022 hob die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (FED) den Leitzins an. Von 0% ins Positive. In Juli wurde der Leitzins erneut angehoben, und er liegt im Juli 2022 bei 2,25-2,5 Prozent (siehe Pressemitteilung der FED).

Die Europäische Zentralbank (EZB) zog nach. Ende Juli 2022 hob sie den Leitzins zum ersten Mal seit 11 Jahren an, von 0 Prozent auf 0,5 Prozent (siehe Pressemitteilung der EZB).

Positive Zinsen. Eine Zeitenwende?

Man kann von einer Zeitenwende sprechen. Lange haben die Notenbanken versucht, die steigenden Inflationsraten herunterzuspielen und diese nur als vorübergehend bezeichnet und die psychologische Komponente betont. Bei Inflationsraten von 9,1% in den USA und 8,6% im Euroraum im Juni 2022 ist das nicht mehr haltbar. Die Inflation ist Fakt und selbst für Zentralbankpolitiker immer schwerer zu leugnen.

Der Druck stieg. Nun haben die Notenbanken reagiert und fahren einen strafferen geldpolitischen Kurs: Durch die Zinserhöhungen soll die Inflation in Schach gehalten werden.

Doch Zinserhöhungen bergen das Risiko einer Rezension. Durch die höheren Zinsen steigen die Zinsen auf Kredite, es wird weniger investiert. Es steigt zudem das Risiko, dass verschuldete Haushalte und Unternehmen ihre Kredite nicht zurückzahlen können. Bei einer immer stärker ansteigenden Verschuldung ein erhebliches Risiko.

Es geht auch um die Schulden der Staaten. Im Euroraum macht man sich derzeit vor allem um Italien sorgen. Die Verschuldung des Landes beträgt rund 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (siehe Tagesschau-Artikel: Löst Italien eine neue Eurokrise aus?). Steigt der Leitzins, steigt auch der Zins auf Staatsanleihen, sprich: Der italienische Staat muss mehr Geld zahlen, um seine Schulden zu bedienen, was wiederum die Schulden erhöht. Dies gilt übrigens für sämtliche EU-Staaten, die alle hochverschuldet sind. Italien ist im Moment das prominenteste Beispiel, auf das sich die mediale Aufmerksamkeit richtet.

EZB-Zinserhöhung unter Vorbehalt

Zeitgleich mit der Zinserhöhung hat die EZB ein neues Kriseninstrument herausgebracht.

Währungsunionen ohne politische Unionen haben in der Vergangenheit nie funktioniert, so kann man durchaus fragen, ob die Europäische Währungsunion eine Fehlkonstruktion ist. Kryptische Kriseninstrumente in Großbuchstabenreihen waren bisher die Antwort, um die europäische Währungsunion irgendwie am Laufen zu halten. Auf PSPP und PEPP usw. folgte nun TPI (Transmission Protection Instrument). Durch dieses Instrument kann die EZB Staatsanleihen von kriselnden Staaten aufkaufen, um diese mit neuer Liquidität zu versorgen, sollten diese Finanzierungsprobleme durch die erhöhten Zinsen bekommen. Zum Beispiel Italien.

Eine Zinserhöhung unter Vorbehalt also. Kritiker schlagen wie bei jedem neuen Kriseninstrument Alarm. So zitiert beispielsweise der Spiegel den Chefvolkswirt der Investmentbank Barclays mit den Worten: »Vielleicht das Umstrittenste, was die EZB bisher gemacht hat«.

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Bereits in meiner Diplomarbeit hatte ich den Euro kritisch analysiert. Für mich ist es spannend, welche Maßnahmen der EZB einfallen, die Währungsunion aufrecht und am Laufen zu erhalten.

Der Wert des Euros ist im Vergleich zum US-Dollar und Schweizer Franken zuletzt stark gesunken. Ein Euro ist aktuell weniger Wert als ein US-Dollar oder Schweizer Franken. Kein Wunder.

Und nun? Was bedeuten die Zinsanhebungen?

Wenn die Zinsen für Sparer von Negativwerten auf 0,5 bis 1 Prozent ansteigen, so ist das bei Inflationsraten von knapp unter 10% nicht besonders viel. Der Sparer verliert nach wie vor.

Die Zinsen auf (variabel verzinste) Kredite werden wohl schneller und stärker ansteigen. Dies könnte für den ein oder anderen Kreditnehmer belastend werden.

Mich wundert es, dass die Zentralbanken die Zinsen überhaupt erhöht haben (Im Artikel Das Dilemma der Zentralbanken habe ich darauf getippt, dass die Angst vor einer Rezension und Destabilisierung der Finanzmärkte zu hoch sei. Nun war der Inflationsdruck vorher zu hoch).

Dennoch: Die Zinserhöhungen sind Babyschritte im Vergleich mit den Inflationsraten. Die EZB hat zwar den Zins erhöht, kauft jedoch weiter Staatsanleihen von Krisenstaaten auf – die indirekte Staatsfinanzierung durch die Zentralbank geht weiter.

Ich kann mir vorstellen, dass die Zinserhöhungen schnell wieder rückgängig gemacht werden, wenn das Finanzsystem ins Wackeln gerät, weil viele Kreditnehmer (egal ob staatlich, institutionell oder privat) ihre Kredite nicht mehr bedienen können.

Es sind spannende Zeiten. Bleiben wir gespannt, was weiter passiert.

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