Friedemann Brenneis im Interview: Über das Geld der Zukunft und einen Schreibwettbewerb

Magic Future Money

Friedemann Brenneis arbeitet als freier Journalist u.a. für das Deutschlandradio, Die Zeit, Spiegel.de, die ARD und diverse Fachmagazine. Er schreibt über Technik, Wirtschaft und den digitalen Wandel. Besonders das Phänomen Bitcoin erklärt er immer wieder in Vorträgen, Seminaren und Workshops.

Ich habe mit Friedemann Brenneis über über die Finanzmärke, über Bitcoins und die Zukunft der Banken gesprochen. Außerdem erklärt Friedemann Brenneis, warum er mit »Magic Future Money« einen Schreibwettbewerb gestartet hat.

Magic Future Money

Interview mit Friedemann Brenneis

Sarah Braun: Wie sind Sie dazu gekommen, sich mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen? Haben Sie etwas in dieser Richtung studiert oder im Finanzsektor gearbeitet?

Friedemann Brenneis: Weder noch. Im Gegenteil sogar. Wenn mir früher jemand gesagt hätte, dass ich später mal was mit Geld machen würde, darüber schreiben, Vorträge halten, auf Panels diskutieren oder so wie jetzt einen Schreib- und Ideen-Wettbewerb dazu zu machen, hätte ich ihn vermutlich ganz schief angeschaut oder ausgelacht. Aber als Journalist bin ich 2013 auf Bitcoin gestoßen und habe angefangen mich immer mehr in die Thematik einzuarbeiten. Vielleicht war es dabei sogar ganz hilfreich, dass ich keine nennenswerte ökonomische Vorbildung hatte. So konnte ich mich diesem herausfordernden Thema freier und mit anderen Fragen nähern.

Sarah Braun: Seit 2014 betreiben Sie the Coinspondent, einen Rechercheblog über das Thema Bitcoin und im weiteren Sinne Geld und digitales Geld. Da mussten Sie hierzulande bestimmt Pionierarbeit leisten. Seit wann wird das Thema Bitcoin so gehypt? Was war der Auslöser, dass Sie sich bereits so früh so eingehend mit der Materie auseinandergesetzt haben?

Friedemann Brenneis: Ich habe über den Jahreswechsel Ende 2013 einen Radiobeitrag gemacht und darin in einem Selbsttest versucht Bitcoins zu minen. Reich bin ich damit damals nicht geworden, aber ich hatte die Gelegenheit mich mal ausführlich mit Bitcoin, der Idee, der Technologie und allem drumherum zu beschäftigen. Das hat mich alles sehr fasziniert, weil mir klar wurde, dass hier etwas entsteht, das vermutlich große Veränderungen mit sich bringen wird.

Sarah Braun: Blicke ich als kritische Volkswirtin in die Zukunft, sind meine Aussichten negativ: Ich habe Angst, dass die Zunahme der Staatsschulden und das Gelddrucken der Zentralbanken zu einer Inflation und / oder einem Kollaps des Finanzsystems führt. Dass unser Finanzsystem nicht stabil ist, hat die Finanzkrise der Jahre 2007 /2008 gezeigt. Ihre Meinung interessiert mich: Sind Sie ebenso kritisch und pessimistisch? Glauben Sie, dass wir einem Kollaps des Finanzsystems entgehen können? Oder muss das jetzige System mit den Fiat-Währungen der Zentralbanken erst zusammenbrechen, bevor etwas Neues kommt?

Friedemann Brenneis: Eine gute Frage, die viel zu selten gestellt wird: Ist das bestehende System aus sich heraus reformierbar und in der Lage sich zum Besseren weiterzuentwickeln? Nach meinem jetzigen Wissensstand bin ich da wenig optimistisch, aber auch nicht hoffnungslos. Das System ist sehr träge. Nicht einmal die große Krise von 2007/2008 hat zu echten Reformen und Veränderungen aus den bestehenden Strukturen heraus geführt. Doch Bitcoin hat das verändert. Der Erfolg des digitalen Geldes hat das alte System aufgeschreckt und zwingt es, sich weiterzuentwickeln. Ob es das ausreichend schafft, wird sich zeigen müssen, aber vielleicht kommen wir um den ganz großen Knall ja herum. Dass Veränderungen anstehen, ist jedoch unausweichlich.

Sarah Braun: Sprechen wir nun konstruktiv über die Zukunft: Glauben Sie an den Bitcoin? Glauben Sie, dass sich weitere Währungen durchsetzen werden?

Friedemann Brenneis: Bitcoin ist mehr als nur Geld oder eine Währung. Das ist ein Punkt, den viele unterschätzen. Bitcoin ist Geld, eine Grundlagentechnologie und ein gesellschaftspolitisches Phänomen. Das macht es einzigartig und so wichtig. Es gibt viele Leute, die sich zum ersten Mal politisch engagieren, weil sie sich mit Bitcoin beschäftigen. Sie nutzen Bitcoin aus Überzeugung. Das wird oft übersehen, wenn gesagt wird, Bitcoin habe keinen Wert. Das stimmt meiner Meinung nach nicht. Der wahre Wert von Bitcoin ist jedoch schwer zu erfassen. Einige sagen zum Beispiel die größte Errungenschaft von Bitcoin sei, dass die Menschen anfangen, sich kritisch mit Geld zu beschäftigen. Ökonomisch kann man diesen Wert nur schwer beziffern, aus gesellschaftlicher Sicht ist er jedoch immens!

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Sarah Braun: Glauben Sie, dass es in einigen Jahrzehnten noch Zentralbanken und Banken geben wird? Oder werden die Menschen alles dezentral über die Blockchain und Kryptowährungen regeln?

Friedemann Brenneis: Ja, Banken wird es auch in Zukunft noch geben, allerdings werden sie ihren exklusiven und privilegierten Status verlieren und sie müssen ihren Platz und ihre Rolle in der Gesellschaft neu finden und definieren. Wenn sie wieder zu Dienstleistern der Gesellschaft werden, können sie eine wichtige Rolle übernehmen, denn nicht jeder will selbst seine eigene Bank sein und fühlt sich wohl dabei, für die Sicherheit des eigenen Geldes verantwortlich zu sein. Doch die Zeit, wo die Banken ohne Risiko Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren können, weil sie im System alternativlos sind, sind in absehbarer Zeit wohl vorbei.

Sarah Braun: Bis 31. März 2021 suchen Sie im Rahmen des Schreibwettbewerbs »Magic Future Money« Geschichten, die mit dem der »Zukunft des Geldes und dem Geld der Zukunft« zu tun haben. Die besten Geschichten werden veröffentlicht, zudem gibt es Satoshi, eine Untereinheit des Bitcoins, zu gewinnen (was Gewinnen im Moment immer lukrativer macht). Wie kam die Idee zum Schreibwettbewerb?

Friedemann Brenneis: Es beschäftigt sich bislang kaum jemand mit dem Geld der Zukunft. Weder die Finanzindustrie, noch Zukunftsforscher oder Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren. Das finde ich bedenklich, denn unser Geld ist im Umbruch vom Analogen ins Digitale und wenn wir uns nicht damit auseinandersetzen, überlassen wir die Ausgestaltung auch dieses Digitalraumes letztliche wieder den großen und etablierten Playern und politischen und ökonomischen Einzelinteressen. Mit dem Wettbewerb will ich die gesellschaftliche Auseinandersetzung fördern und die Leute dazu anregen, sich mit ihren Ideen, Wünschen, Ängsten und Befürchtungen in die Debatte einzubringen um so die Zukunft mitzugestalten.

Sarah Braun: Ist der Wettbewerb auch literarisch oder geht es vorwiegend inhaltlich ums Geld der Zukunft?

Friedemann Brenneis: Was zählt ist die gute Geschichte. Es sollen keinen Fachaufsätze oder Sachtexte eingereicht werden, sondern Geschichten, die man gerne liest und die einen anregen, über das Geld der Zukunft und wie es unser Leben beeinflussen könnte nachzudenken. Insofern kann jede/r mitmachen, unabhängig davon, welche und wie viel ökonomische Vorbildung schon vorhanden ist.

Sarah Braun: Sind Sie bei der Durchsicht der bisher eingesendeten Kurzgeschichten schon auf innovative Zukunftskonzepte für unser Geld gestoßen?

Friedemann Brenneis: Ich habe tatsächlich bisher noch keine Geschichte gelesen. Das mache ich erst ganz am Schluss, wenn ich die Geschichten für die Jury aufbereite und schaue, dass die Texte die notwendigen Kriterien erfüllen um am Wettbewerb teilzunehmen. Also zum Beispiel, dass sie zukunftsgewandt sind und dass Geld (oder dessen Abwesenheit) in irgendeiner Weise thematisiert wird.

Sarah Braun: Sie sind journalistisch sehr aktiv. Welche Seiten, Podcasts, Bücher oder andere Informationsquellen empfehlen Sie, um sich in das Thema Kryptowährungen einzulesen und Inspiration für die Teilnahme am Wettbewerb zu finden?

Friedemann Brenneis: Das hängt immer ein bisschen davon ab, was man schon weiß und welcher Aspekt einen interessiert. Wichtiger als einzelne Quellen (es ändert sich ja auch so viel) finde ich die Herangehensweise. Bitcoin ist ein so großes und komplexes Thema, dass auch ich nach Jahren der Recherche noch nicht alles verstanden habe. Aber das ist okay. Man darf nicht denken, dass man dieses eine Video schauen oder diesen einen Text lesen muss und dann weiß man alles über Bitcoin. Wichtig ist, dranzubleiben, kritische Fragen zu stellen und auch mal zu akzeptieren, wenn etwas nicht auf Anhieb klar wird. Die meisten, die sich anfangen mit Bitcoin beschäftigen, haben irgendwann diesen Aha-Moment, wo es klick macht und all die Puzzleteile, die vorher einzeln jeweils keinen Sinn ergaben, sich zu einem großen Ganzen zusammensetzen. Darauf hinzuarbeiten lohnt sich, denn ab da wird es erst richtig interessant!

Sarah Braun: Vielen Dank für das interview! Ich hatte neulich diesen Aha-Moment!

Hinweis: Das Interview mit Friedemann Brenneis habe ich per E-Mail geführt.


Über den Schreibwettbewerb »Magic Future Money«

Haben Sie sich schon einmal überlegt, mit welchem Geld wir in einigen Jahren bezahlen werden? Noch mit dem Euro? Mit Bitcoins? Mit einer oder mit mehreren ganz anderen, neuen Währungen? Gibt es noch physisches Geld oder läuft alles digital? Bezahlen wir mit der Uhr oder über das Smartphone?

Das Thema »Geld der Zukunft« ist unglaublich spannend. Machen Sie sich doch auch Gedanken darüber! Mit seinem Schreibwettbewerb sucht der Journalist Friedemann Brenneis Geschichten, die sich um die Zukunft des Geldes drehen und mit dem Geld der Zukunft auseinandersetzen. Bis zum 31. März 2021 können Sie an einem Schreibwettbewerb zum Geld der Zukunft teilnehmen und digitales Geld gewinnen. Alle Infos finden sich auf der Website www.magicfuturemoney.de.

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6 Gedanken zu „Friedemann Brenneis im Interview: Über das Geld der Zukunft und einen Schreibwettbewerb“

  1. Gerne gelesen – Danke für das Interview!

    Als Freigeist hänge ich am alten *Nur Bahres ist Wahres* und bin dem Thema digitale Währungen/ Bitcoin sehr skeptisch gegenüber eingestellt (#Überwachung). Dennoch halte ich es für sehr zukunftsnah, dass eine digitale Währung das Bargeld demnächst ganz ersetzen wird – da sind die Staaten ja auch eifrig dran. Was ich mir jedoch schwer vorstellen kann, ist, dass die Staaten ihre Hoheit über egal welches Zahlungsmittel je aus der Hand geben werden. Die Währung als Waffe einzusetzen, ist – wie die Geschichte zeigt – mächtiger als jede militärische Intervention. Wie realistisch ist es in Anbetracht dessen, dass sich ein freier, digitaler Zahlungsverkehr je behaupten kann – was ja die Grundidee von Bitcoin ist (falls ich diese richtig verstanden habe)?

    1. Digitale Währungen können dezentral oder zentral organisiert sein. Wenn die Europäische Zentralbank vom E-Euro spricht, ist das eine neue Form der Digitalwährung, die allerdings zentral von der EZB gesteuert und kontrolliert wird. Der Bitcoin ist dezentral organisiert und somit ein alternatives Geldsystem. Deshalb ist der den Zentralbanken ein Dorn im Auge. Die Meinungen gehen auseinander, ob die Zentralbanken den Bitcoin verbieten / abschaffen können. Ich lese und höre gerade Andreas Antonopoulos. Er sagt in einem Satz: Wenn man Bitcoin abschalten wollte, müsste man das Internet abschalten. In „The Internet of Money, Volume 1“ argumentiert er so: Bei der Zahlung mit Kreditkarten sind die Kreditkarten der Schlüssel selbst, und die braucht man zur Zahlung. Gibt man die Kreditkarte weiter oder wird sie gestohlen, ist das ganze Geld auf dem Konto in Gefahr. Bei Bitcoin hat jeder Akteur zwar einen privaten Schlüssel, aber der bleibt privat. Beim Senden von Bitcoins wird nicht der Schlüssel übergeben, sondern lediglich eine Botschaft (Information) versendet. Und Informationen fließen im Internet frei. „Money is now completely disconnccted information content.“ Ich denke, daraus wird klar, dass die (Zentral-)banken Kryptowährungen nicht einfach so beseitigen kann, weil es ihnen nicht passt. Ich könnte es mir höchstens durch Steuern oder so vorstellen. Oder durch Verbote einzelner Regierungen, aber nicht weltweit … Es sind alles Vermutung.
      Ich hoffe, du konntest meiner Antwort folgen?

        1. Hallo Micha,
          ich habe mir das Video angesehen. Zwei Argumente des Professors glaube ich nicht: Zum einen, dass wenn eine Regierung den Bitcoin verbietet, dass nur noch »Schurkenstaaten« ihn erlauben. Am Bitcoin ist nichts Illegitimes und sämtliche andere Staaten hätten Anreize, ihn als Währungsmtitel weiter zu erlauben. Anders als Gold müsste man ihn nicht über eine Grenze transportieren, wenn man ein Land verlässt. Ich weiß es jedoch auch nicht, ich vermute nur.
          Und das mit dem Substitutionseffekt, wenn Zentralbanken digitalisierte Währungen rausbringen, kann ich mir ebensowenig vorstellen: Der Bitcoin ist dezentral, und das ist ein wichtiger Grund, warum die Bitcoin-Community den Bitcoin und andere Kryptöwährungen gut findet. Es gibt eben keine übergeordnete Regierung oder Zentralbank oder Instanz. Und daher werden diese Menschen nicht sagen: Es gibt den E-Euro, also kaufe ich den und brauche keinen Bitcoin mehr. Es geht ja um die Unabhängigkeit.
          Gruss,
          Sarah

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