»Sondervermögen« müsste eigentlich »Sonderschulden« heißen

Der Bundesrechnungshof

Der Bundesrechnungshof hat Ende August 2023 einen Bericht zu den »Sondervermögen« herausgebracht – und rechnet mit dem Haushalt der Bundesregierung ab. Er kritisiert die Neuverschuldung, und dass diese zu einem großen Teil verschleiert werde.

Der Bundesrechnungshof von außen. In einem aktuellen Bericht rechnet er mit der Bundesregierung zum Thema Sondervermögen ab.
Haupteingang des Bundesrechnungshofes in Bonn (Bildquelle: Bundesrechnungshof)

Der Bericht des Bundesrechnungshofes

Der Bundesrechnungshof (BRH) hat Ende August 2023 einen Bericht zu den »Sondervermögen« herausgebracht – und rechnet mit dem Haushalt der Bundesregierung ab.

Hier kann man den vollständigen Beratungsbericht einsehen. Auf der Website des Bundesrechnungshofes findet sich zudem eine Zusammenfassung des Berichtes.

Die Studie ist im Gespräch. Tagesschau.de thematisiert den Bericht des BRH mit Verweise auf einen im Handelsblatt erschienenen Artikel. Bei welt.de ist ebenfalls ein ausführlicher Artikel erschienen.

Was ist ein Sondervermögen per Definition?

Der Begriff »Sondervermögen« rührt ursprünglich aus Mitteln der des Marshall-Plans für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg her, wie auf der Seite des Bundesministeriums für Finanzen zu lesen ist.

Laut Wikipedia ist ein Sondervermögen im deutschen Haushaltsrecht ein »wirtschaftlich verselbständigter Nebenhaushalt (Schattenhaushalt. Und »Im Unterschied zum Bundeshaushalt, der sämtliche Einnahmen und Ausgaben des Bundes darstellt sind die Ausgaben des Sondervermögens streng zweckgebunden.«

So die Theorie.

Was ist die Kernaussage des Berichts des Bundesrechnungshofes?

Der Bundesrechnungshof (BRH) kritisiert die Bundesregierung scharf, was die sogenannten Sondervermögen angeht.

»Der Umfang der größeren Sondervermögen beträgt 869 Milliarden Euro«, so der BRH. Aber: »Lediglich in einem Umfang von rund 89 Mrd. Euro sind die größeren Sondervermögen werthaltig. Weit überwiegend mit insgesamt rund 780 Mrd. Euro sind diese kreditfinanziert«.

Es wird klar: Der Begriff der Sondervermögen ist euphemistisch und hat wenig mit Vermögen zu tun. Es handelt sich schlichtweg um Schulden. So klar formuliert dies auch der BRH: »In der Gesamtschau ist es deshalb zutreffender, von ›Sonderschulden‹ als von Sondervermögen zu sprechen.«

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Weiter: »Sondervermögen sind also größtenteils entweder ausgelagerte Schuldentöpfe oder sie hängen finanziell am ›Tropf‹ des kreditfinanzierten Bundeshaushaltes.« Das klingt nicht nicht besonders zweckgebunden.

Details zum Bericht

Es gibt derzeit (August 2023) 29 Sondervermögen auf Bundesebene. »Der Umfang der größeren Sondervermögen beträgt allein 869 Milliarden Euro.« Bald eine Billion Euro. Eine ordentliche Summe.

Dazu zählt zum Beispiel der 2022 beschlossene Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 200 Milliarden Euro (siehe Stellungnahme der Bundesregierung). Mit diesem Werkzeug sollen unter anderem Folgen der Energiekrise wie die Gaspreisbremse finanziert werden. Im gleichen Jahr wurde die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro »Sondervermögen« ausgestattet (siehe Stellungnahme hier).

In der folgenden Grafik kann man erkennen, dass fast die Hälfte der 2022 neuen Schulden und sogar mehr als 80% der für das laufende Jahr 2023 geplanten Schulden als Sondervermögen klassifiziert werden. Und nicht als das, was sie sind: kreditfinanzierte Schulden des Staates.

Datenquelle: Bundesrechnungshof

Fazit

Was bedeutet dies? Die tatsächliche Verschuldung des Bundes wird auf diese Art verschleiert. Der BRH schreibt: »Die tatsächliche Nettokreditaufnahme ist unter Einbeziehung der Sondervermögen demnach auch deutlich höher als die im Bundeshaushalt ausgewiesene Nettokreditaufnahme.«

Neues Sondervermögen auszuweisen, scheint der neueste schlaue Trick, die tatsächliche (Neu-)verschuldung nicht als solche auszuweisen. Und das auf sehr elegante Art: Unter der Benutzung eines Euphemismus, ja sogar des gegenteiligen Begriffes, indem Schulden als Vermögen bezeichnet werden.

Es ist bekannt, dass die globale Verschuldung immer weiter steigt. Auch europaweit. Als Schutzschirme und Klimafonds betitelt, druckt die Europäische Zentralbank schon seit Jahren neues Geld.

In Deutschland kann man nun im Kleinen beobachten, was überall anders auch passiert.

Durch die europäischen Verstrickungen bin ich leider der Meinung, dass Deutschland gar nicht sparen sollte. Warum, habe ich in diesem Artikel aufgeschrieben. Aber das ist ein anderes Thema.

Man kann sich jedoch merken: Diskutieren Politiker über die Neuverschuldung und Schuldenbremse, wird wohl nicht alles gesagt. Es bleibt das ungute Gefühl zurück, dass mit dem System etwas nicht stimmt und dass die Verschuldung außer Kontrolle geraten könnte.

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