Die Zahl der Neuinfektionen ist die Maßzahl, auf die sich die Medien seit Monaten konzentrieren. Täglich wird der Wert berichtet. Dabei sagt er doch nur aus, wie viele Menschen sich offiziell am Virus neu infiziert haben – nicht, wie viele ernsthaft erkrankt sind. Auch der R-Wert sagt das nicht aus. Kann man der Berechnung der Infiziertenzahlen oder der Reproduktionszahl trauen? Die Zahl sinkt an jedem Wochenende, wenn die Ämter geschlossen sind.
Zudem finde ich die Zahl allein nicht aussagekräftig genug. Genauso wie die Zahl der Todesfälle: Mich würde interessieren, wie die Altersstruktur, der Gesundheitszustand, die Vorerkrankungen etc. der Menschen aussieht, die an oder mit Corona gestorben sind.
Und was ist mit anderen Zahlen? Tote sind leicht zu zählen.
Wer ermittelt die Zahl der Schüler, die abgehängt sind, weil sie nicht zur Schule gehen können und die Eltern sich nicht kümmern? Unternehmer, die nicht wissen, wie sie ihre Kredite und Mitarbeiter bezahlen sollen und seit Monaten unter Existenzängsten leiden? Menschen, die ihre Arbeit oder ihr Einkommen verloren haben? Eltern, die überfordert sind? Menschen, die unter Einsamkeit leiden? Die Zunahme häuslicher Gewalt? Psychische Erkrankungen? Suizide?
Leider lassen sich diese Zahlen nicht so einfach wie Todeszahlen ermitteln. Die Fernsehmoderatorin Marlene Lufen hat versucht, nach Zahlen zu recherchieren und ihr Ergebnisse in einem Video zusammengefasst:
»Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast«. Dieser Aussage von Churchill pflichte ich als Wirtschaftswissenschaftlerin bei. Die Sprache der Zahlen und der Mathematik ist bestechend präzise und klar. Jedoch warne ich davor, sich lediglich auf die Ergebnisse von Zahlen, Berechnungen und Statistiken zu berufen. All diese Zahlen wurden auf bestimmten Annahmen basierend berechnet. Die Datengrundlage für eine Statistik ist fast nie perfekt. Zudem lassen sich komplexe Zusammenhänge schwer in Zahlen packen. Die Auswirkungen einer Lockdown-Politik auf die Gesellschaft sind zweifelsohne komplex.
Die Sicht der Virologen ist eine Perspektive. Eine, die wir brauchen. Virologen messen Fallzahlen, der Erfolg ihrer Strategien wird am Rückgang der Fallzahlen gemessen. Darauf fokussiert sich auch die Politik. Die Medien berichten über die Zahl der Coronafälle, über Einzelschicksale schwerer Corona-Erkrankungen. Diese sind traurig. Man kann Angst vor dem Virus bekommen, wenn man über diese Schicksale liest.
Wäre meine Existenz gesichert (Rente, Verbeamtung, krisensicherer Job), hätte ich womöglich primär vor dem Virus Angst. Jedoch habe ich auch vor anderen Dingen Angst: Als Inhaberin einer kleinen Pension habe ich derzeit mein Einkommen verloren, die Unsicherheit in Bezug auf die Zukunft belastet mich psychisch.