Eine persönliche Bilanz und ein Ausblick

Es ist etwas ruhiger geworden bei der Volkwirtin. In diesem Beitrag will ich keinesfalls darauf hinaus, dass ich hier aufhöre zu schreiben.
Ein Jahreswechsel ist für mich immer ein schöner Anlass, zu reflektieren und neue Pläne zu machen. Dies gilt für sämtliche Bereiche des Lebens. Auch für die-volkswirtin.de. Dies ist ein persönlicher Artikel und ein Ausblick.

Warum gab es 2024 weniger Artikel?

Natürlich könnte ich an dieser Stelle den üblichen Grund nennen: Ich habe weniger Zeit. Als ich hier zu schreiben begonnen habe, gab es den Lockdown und ich konnte meine Black Forest Lodge zeitweise nicht betreiben. Mein Unternehmen hält mich zeitweise ziemlich auf Trab. Zudem haben sich meine familiären Umstände in den letzten Jahren geändert. Und ich habe begonnen, Bücher zu schreiben. All dies ist ein Grund, warum weniger los ist.

Es gibt allerdings auch noch einen anderen Grund: Ich habe gemerkt, dass sich meine persönliche Haltung verändert hat. Und zwar dank dieser Seite! Durch das Schreiben auf die-volkswirtin.de habe ich für mich Erkenntnisse gewinnen und Schlüsse ziehen können. Ich sehe klarer, einiges hat sich zu einem Gesamtbild zusammengefügt.

Unser Wirtschafts- und Geldsystem ist nicht nachhaltig, das habe ich hier oft analysiert und dargelegt. Irgendwann wird es zusammenbrechen. Das mag auch eine Chance sein, da die Zeiten nicht besser werden.

Allerdings merke ich, dass diese große Aufruhr, die mich vor ein paar Jahren noch begleitet hat, genauso wie das Bedürfnis, über all das ständig zu diskutieren und aufzuklären, verlassen hat. Dem ist eine Art Akzeptanz gefolgt: Wir lebe in hier und jetzt mit allerlei Ungerechtigkeiten und kaputten Systemen – und doch kann viele Dinge nicht ändern. Es bringt nichts, mich nur selbst aufzureiben.

Mir ist es in den letzten Monaten besser gelungen, dies zu akzeptieren und zu sagen: Was ist nicht ändern kann, nehme ich hin. Und ich beginne im Kleinen, in meinem Wirkungskreis und im Hier und Jetzt so gut wie möglich für mich und andere zu leben.

Wie gesagt, ich bin überzeugt, dass wir vor großen Umbrüchen stehen und diese erleben werden. Und ich glaube auch, dass Vieles nicht schön wird. Ich habe mir öfters vorzustellen versucht, wie es sich anfühlen muss, wenn unser Geld nicht nur stetig an Wert verliert, sondern von heute auf morgen wertlos werden würde. Ein für mich durchaus plausibles Szenario in der Zukunft.
Und doch, wenn es passieren wird, dann habe ich im Voraus darüber genug nachgedacht und kann es nicht ändern.

Ich selbst bin ruhiger und gelassener geworden.

Auch unpolitisch und diskussionsunfreudig. Denke ich zwanzig Jahre zurück, an die gerade erwachsen gewordene Sarah, wundere ich mich. Mir hat es großen Spaß gemacht, mit allen Leuten ständig zu debattieren. Ich habe keine Mühen, Energien und Diskussionen gescheut. Ich war politisch interessiert.

Und heute?

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Komplett anders. Ich habe gelernt, nicht immer sofort über alles meine Meinung sagen zu müssen. Mich nicht in jede Diskussion einzumischen. Manchmal einfach nichts zu sagen und andere sprechen zu lassen.

Nicht jede Diskussion führt zu etwas. Vor allem nicht bei emotional aufgeladenen Themen.

Manche Haltung ist leider schon zum Angriff geworden. Ich ziehe mich zurück.

Populäre Medienseiten konsumiere ich seltener.

Führen Gespräche zur Politik, antworte ich oft: »Ich schaue keine Nachrichten mehr.« Oder: »Diese Details interessieren mich schon gar nicht mehr.« Oder: »Ich bin eher unpolitisch geworden.«

Und ich freue mich, wenn jemand das gleiche erwidert, was gar nicht so selten passiert.

Wie geht es mit der Volkswirtin weiter?

Ich werde weiterschreiben. Bald werde ich ein eigenes Buchprojekt auf dieser Seite vorstellen.

Bestimmt werde ich auch das ein oder andere Sachbuch lesen. Gibt es einen interessanten Aufhänger, werde ich »Steckenpferdthemen« wie Inflation, Geldpolitik oder auch den Bitcoin besprechen.

Wenn ich einen interessanten Menschen für ein Interview treffe, wird dies auch erscheinen. Lassen wir uns überraschen.

Bis bald,

Ihre Sarah Tischer

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Ein Gedanke zu „Eine persönliche Bilanz und ein Ausblick“

  1. Liebe Frau Tischer,
    auch ich bin eher unpolitisch geworden. Das hat damit zu tun, dass ich bei keiner unserer Parteien erkennen kann, dass wirklich nach einem Ausweg aus der heutigen Krise der Ungleichheit, des Klimawandels und der Ressourcenverschwendung gesucht wird.
    Vielleicht müsste einfach einmal mit der Überlegung begonnen werden, was in unserer neueren Geschichte der letzten 50 Jahre falsch gelaufen ist.
    Bis in die 1970er-Jahre prägten utopische Visionen die Debatte über die Zukunft: Man glaubte, dass im „Jahr 2000“ Automatisierung die menschliche Arbeit radikal reduzieren, nachhaltige Produktion zur Norm werden und sich der gesellschaftliche Reichtum gerecht verteilen würde. Selbst ein Ökonom wie John Maynard Keynes prophezeite eine 15-Stunden-Woche.
    Doch die Realität verlief anders – nicht, weil die technischen Voraussetzungen fehlen, sondern aufgrund systemischer Fehlentwicklungen, die Wirtschaftswachstum, Klimakrise und Ungleichheit untrennbar verknüpfen.
    Im Durchschnitt erreichen heute die Dinge, die wir zum Leben brauchen, nur etwa 50 Prozent ihrer Lebensdauer. Dann werden sie weggeworfen und neu gekauft. Dies ist dem Wirtschaftswachstum geschuldet. Aber je schneller Produkte entsorgt und neu hergestellt werden, desto höher sind die Emissionen und der Ressourcenverbrauch und natürlich auch die Profite.
    Keynes’ Traum einer gerechten Verteilung scheiterte an der Realität des Kapitalismus: Wachstum generiert vor allem Profit für Wenige. Heute besitzen die reichsten zwei Prozent mehr Vermögen als 98 Prozent der Menschheit. Je mehr Waren verkauft werden, desto stärker konzentriert sich Kapital bei Konzernen und wenigen Reichen.
    Leider tragen auch die Gewerkschaften Mitverantwortung. Statt zu fordern, dass Arbeitslose Beschäftigten gegenüber nicht benachteiligt sein dürfen, was wirklich zu einer gerechten Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums geführt hätte, kämpften sie nur um den Erhalt von Jobs, oft in klimaschädlichen Industrien, und um höhere Löhne. Dabei wäre jeder wegfallende Job in fossilen Sektoren ein Gewinn für das Klima. Doch solange Vollbeschäftigung als zentrales Ziel gilt, bleibt die Wirtschaft auf Expansion, Ressourcenverbrauch und den Ausstoß von Treibhausgasen fixiert.
    Wie könnten wir nun den Verlauf der Geschichte korrigieren?
    Eine mögliche Lösung würde tatsächlich darin bestehen, Erwerbsarbeit und Nichterwerbsarbeit gleichzustellen. Weltweit wird ja ohnehin nur etwa die Hälfte aller geleisteten Arbeit finanziell vergütet, denn unbezahlte Care-Arbeit, Haushaltsführung, Kindererziehung oder zivilgesellschaftliche Aktivitäten nehmen mindestens den gleichen Zeitrahmen ein als die finanziell vergütete Arbeit.
    Dazu gäbe es zwei Möglichkeiten:
    Arbeitslose könnten die gleiche finanzielle Vergütung bekommen wie Erwerbstätige. Dies würde aber die Gesellschaft wahrscheinlich ablehnen, weil es unserem Gerechtigkeitsempfinden widerspricht.
    Ein besserer Ansatz könnte sein, allen Menschen bedingungslosen Zugang zu den notwendigen Ressourcen für ein würdiges Leben zu gewähren. Dies würde die Ungleichheit beseitigen, weil dann auch alle anderen Tätigkeiten, die nichts mit Arbeitslosigkeit zu tun haben aber trotzdem nicht bezahlt werden, wie z.B. Care-Arbeit, mit heutiger Erwerbsarbeit gleichgestellt sind. Nur auf diese Weise würde sich der gesellschaftliche Reichtum wirklich gerecht verteilen. Zudem würde der Unterschied zwischen Erwerbs- und Care-Arbeit aufgehoben, somit entfällt eine der Hauptursachen für patriarchale Strukturen.
    Unter dieser Voraussetzung würde auch der Wunsch gefördert werden, insgesamt weniger zu arbeiten. Die Folge wäre, dass die Lebensdauer von Produkten wieder maximiert und die Produktion weiter automatisiert wird. Dadurch würden die Treibhausgasemissionen gesenkt und natürliche Ressourcen geschont werden, da weniger produziert und somit weniger Rohstoffe verbraucht und Abfall emittiert würde.
    In diesem unterhaltsamen und leicht lesbaren Essay wird beschrieben, wie dieser Ansatz umgesetzt werden kann: https://LetUsBe.One/de2/Benharmonia2.pdf
    Viele Grüße
    Eberhard Licht

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